Ich wage jetzt mal – obwohl ich nur Angehörige bin – für ME /CFS Betroffene zu sprechen. Ich erlebe täglich ein hochmotiviertes Kind mit Plänen, die es für eine gesunde Zukunft macht. Diese Pläne umfassen z. B. Reisen nach Japan, in die USA, sportliche Aktivitäten, Konzertbesuche und Berufswünsche. Kein einziges Mal sagt mein Kind, dass es später in Ruhe chillen wird, kein einziges Mal hatte ich bisher den Eindruck, dass es sich freut, wenn es mal wieder nur im Bett essen kann, weil die Kraft für mehr nicht reicht. ME/CFS ist KEIN Motivationsproblem!!!
Ein ME /CFS Betroffener kann es in dieser Gesellschaft doch gar nicht richtig machen. Wird darüber geklagt, was alles beschissen ist, wird der Koffer mit den F- Diagnosen ausgepackt und eine psychische Erkrankung vermutet.
Versucht der Betroffene einen positiven Umgang mit der Krankheit, übt sich in Akzeptanz und erfreut sich im Bett am Sprüchlein auf dem Kamillenteebeutelchen, dann unterstellt man sekundären Krankheitsgewinn.
Der sekundäre Krankheitsgewinn besteht in den äußeren Vorteilen, die der kranke Mensch aus bestehenden Symptomen ziehen kann, wie dem Zugewinn an Aufmerksamkeit und Beachtung durch seine Umwelt und/oder z.B. der Möglichkeit, im Bett bleiben zu können und dort Nahrung serviert zu bekommen.
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Ja was denn nun??? Wie soll sich der Betroffene denn optimal verhalten? Und wer legt das fest? Und vor allem warum? Mit welchem Ziel?
Wer gern den sekundären Krankheitsgewinn von ME/CFS mitnehmen will, melde sich bitte per PN. Wir verschenken den Mist in Tüten! Gebt bitte an, ob ihr die Fatigue, die Schmerzen, die Übelkeit oder Schwindel haben wollt – wir haben von allem reichlich.
Ernsthaft, liebe Mitmenschen, überlegt mal, was ihr da sagt. Und hört mal zu, wenn ein Betroffener spricht. Ein wenig Empathie bitte!
Die weisesten Aussagen zu diesem Thema habe ich in diesem Jahr von meinem Sohn gehört: “Ich bin 12. Ich bin etwa 2/12 meines Lebens so krank, dass ich fast nichts machen kann. Ich existiere die meiste Zeit des Tages. Und wenn ich dann trotzdem mal leben will, hat jeder eine Idee, wie ich das besser machen soll und muss.”
Wenn ich mit meinem Kind spreche, rede ich oft mit einem Menschen, der weiser ist, als ich. Das tut mir gleichzeitig unendlich leid und beeindruckt mich. Ich bin dankbar für unsere Gespräche und spendiere gern die Japanreise wenn es so weit ist. Hätten wir Eltern aber auch ohne diese Erkrankung getan. Also auch kein sekundärer Krankheitsgewinn.
[Soleil Völkl, 28.12.2023]