Ich möchte heute nicht den Fokus auf das legen, was ME/CFS Betroffene oder Angehörige aushalten müssen, sondern die Seite der Behandler beleuchten.
Einige sind sich sicher, hilfreiche Behandlungsmethoden zu kennen, ordnen ME/CFS gar trotz anderslautender Studienergebnisse dem psychosomatischen Erkrankungsspektrum zu. Sie fühlen sich bestätigt, dass sie Patienten nur nicht helfen können, weil diese ihren Ansatz nicht akzeptieren wollen. Würden sie dies tun, so die Annahme, könnte geholfen werden.
Andere suchen engagiert nach Lösungen, sehen ihren ethischen Auftrag darin die Patienten empathisch zu begleiten und setzen selbst oft Hoffnung in zumindest symptomorientierte Methoden der Leidenslinderung. Nicht selten mit dem Ergebnis, dass es nicht funktioniert. Diese Ärzte haben nicht nur einen so schwer kranken Patienten, sondern je nach Engagement viele. Misserfolge muss man so geballt erstmal aushalten können. Respekt für jeden, der es versucht und vielen Dank dafür!
Für mich als Mutter eines betroffenen Kindes und Vorstand bei NGK ist die Kategorie der Behandler am belastendsten, die – aus der Ohnmacht heraus nicht wirklich helfen zu können oder aber aus Überzeugung aufgrund beruflicher Sozialisation (?) – Empfehlungen abgibt, die bei ME /CFS kontraproduktiv sind. Immer wieder erlebe ich bei NichtGenesenKids Empfehlungen stationärer Aufenthalte in Psychiatrien oder Rehaeinrichtungen für Kinder mit Bellscore teils deutlich unter 30. Derartige Empfehlungen werden bestenfalls von aufgeklärten Eltern und erfahrenen Mitbehandlern erfolgreich verhindert. Schlechtestenfalls stimmen Eltern aus Angst vor Repressalien solchen Therapieansätzen zu, die leider in der Folge oft in eine Abwärtspirale führen.
Der Austausch mit derartigen Behandlern ist für mich energieraubend, vor allem, wenn das Gegenüber keinerlei Feedback annimmt. Diese Ignoranz finde ich erschreckend.
Keine Lösung zu haben für ein nicht lösbares Problem ist keine Schande. So zu tun als ob, aber schon. Haltet es aus, nicht zu wissen, wie ihr helfen könnt und nehmt euch ein Beispiel an jenen, die liebevoll auf Augenhöhe begleiten und ein offenes Ohr für die schwerkranken Patienten haben!
[Soleil Völkl 20.3.2024]