Heute gibt es einen kurzen Exkurs in die Argumentationstheorie. In dieser geht es darum, Annahmen und Beweise logisch zu einer korrekten Schlussfolgerung zu verknüpfen. Eine klare Definition der Annahmen ist dabei wichtig, um argumentative Fehlschlüsse zu vermeiden. Indem wir die Struktur unserer Argumente sorgfältig prüfen und jede Behauptung fundiert belegen, können wir eine fehlerfreie Argumentation entwickeln.
Immer wieder überrascht mich, wie im Zusammenhang mit ME/CFS Argumente zu absolut inkorrekten Schlussfolgerungen führen.
Diese Woche traf der Arzt eines an ME/CFS erkrankten Kindes aus der NGK- Community folgende Aussage gegenüber der Mutter: „Sie sehen ja jetzt, dass Ihr sogenanntes Pacing nichts bringt. C. war nun drei Monate von der Schule daheim und es wurde nicht besser. Das bedeutet ganz klar, dass es eine psychische Erkrankung ist und sie in die Psychiatrie muss.“ (Am Rande: es wurde aber auch erstmals nicht mehr schlechter!)
Mir reicht die Wortzahl eines Instagrambeitrags nicht aus, um alle Gegenargumente dieser Schlussfolgerung aufzuzählen. Nochmal zum Mitmeißeln: es gibt keine kurative Therapie, die ME/CFS ursächlich behandelt. Pacing wird inzwischen von der sich mit dem Thema beschäftigenden Fachwelt zum Krankheitsmanagement (nicht zur Heilung!) übereinstimmend empfohlen. Auf dieser Basis stelle ich einige Gegenfragen:
Würde ein Arzt eine diagnostizierte und therapeutisch unbehandelte Krebserkrankung als psychisch einstufen, wenn sie nach drei Monaten Ausruhen nicht kuriert ist und einen Aufenthalt in einer Psychiatrie empfehlen?
Würde man einem Diabetiker Insulin oder Metformin als Medikament verweigern und wenn eine ausschließliche Ernährungsumstellung nichts bringt, diesen in eine Psychiatrie einweisen, weil die Erkrankung nicht weg ist?
Würde man einem Patienten mit chronischer Lungenerkrankung ausschließlich den Umzug in ein Reizklima empfehlen und ihn bei Ausbleiben einer Verbesserung der Symptomatik stattdessen psychiatrisch behandeln?
Medizinische Zustände im jeweils vollständigen Kontext zu betrachten und nicht vorschnell psychische Ursachen zu unterstellen, ist für alle Patienten essenziell!
[Soleil Völkl, 17.5.2024]
… dazu fällt mir spontan der folgende Vergleich eines unbekannten Genies ein: “Mit dummen Menschen zu streiten/argumentieren, ist wie mit einer Taube Schach zu spielen. Egal, wie gut du Schach spielst, die Taube wird alle Figuren umwerfen, auf das Brett kacken und herumstolzieren, als hätte sie gewonnen.”